Pharmaindustrie setzt auf Vertical Farming: Präzision und Reinheit bei der Wirkstoffproduktion



Die Pharmaindustrie entdeckt zunehmend die Vorteile des Vertical Farming für die Gewinnung hochreiner und standardisierter pflanzlicher Wirkstoffe. Durch den Anbau in kontrollierten, mehrstöckigen Systemen können Arzneipflanzen unter optimalen Bedingungen kultiviert werden, was eine gleichbleibend hohe Konzentration der gewünschten pharmazeutischen Substanzen gewährleistet und die Abhängigkeit von schwankenden Ernten und Umwelteinflüssen reduziert.


Zu den Pflanzen, die bereits im Fokus der pharmazeutischen Forschung und Produktion im Vertical Farming stehen, gehören unter anderem:
  • Rhodiola rosea (Rosenwurz): Diese adaptogene Pflanze wird zur Herstellung von Präparaten gegen Stress und Erschöpfung genutzt. Im Vertical Farming kann der Gehalt an wirksamen Inhaltsstoffen wie Rosavinen und Salidrosid gezielt gesteuert werden.


  • Cannabis (Hanf): Insbesondere für die Produktion von Cannabidiol (CBD) bietet das Vertical Farming entscheidende Vorteile. Die kontrollierte Umgebung ermöglicht den Anbau von Pflanzen mit einem definierten CBD- und THC-Gehalt und schließt Verunreinigungen durch Pestizide oder Schwermetalle aus.



  • Kamille und Petersilie: Forschungen konzentrieren sich hier auf die Gewinnung von Apigenin, einem sekundären Pflanzenstoff mit entzündungshemmenden und potenziell krebstherapeutischen Eigenschaften.


  • Tabak-ähnliche Pflanzen: Diese werden als eine Art "Bioreaktor" genutzt, um rekombinante Proteine für die Herstellung von neuen Medikamenten und Impfstoffen zu produzieren. Die geschlossenen Systeme des Vertical Farming verhindern eine unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen.


  • Catharanthus roseus (Madagaskar-Immergrün): Diese Pflanze ist die Quelle für die wichtigen Chemotherapeutika Vincristin und Vinblastin, die bei der Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt werden. Der Anbau im Vertical Farming kann die Ausbeute dieser hochwirksamen, aber in der Pflanze nur in geringen Mengen vorkommenden Alkaloide optimieren.



  • Narzissen: Aus ihnen wird der Wirkstoff Galantamin gewonnen, der zur Behandlung der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz eingesetzt wird.



Die entscheidenden Vorteile für die Pharmaindustrie:

Der Hauptgrund für das wachsende Interesse der Pharmabranche am Vertical Farming liegt in der präzisen Steuerbarkeit des gesamten Anbauprozesses. Faktoren wie Lichtspektrum, -intensität und -dauer, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Nährstoffzusammensetzung und CO2-Gehalt können exakt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Arzneipflanze abgestimmt werden. Dies führt zu:

  • Standardisierter Wirkstoffgehalt: Die Konzentration der pharmazeutisch relevanten sekundären Pflanzenstoffe kann maximiert und über verschiedene Erntezyklen hinweg konstant gehalten werden. Dies ist für die Herstellung von Medikamenten mit gleichbleibender Dosierung und Wirksamkeit essenziell.



  • Hohe Reinheit: Der Anbau in geschlossenen Systemen schützt die Pflanzen vor Schädlingen, Krankheiten und Verunreinigungen aus der Umwelt. Der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden ist somit in der Regel nicht notwendig.


  • Unabhängigkeit von Lieferketten: Die Produktion kann ortsunabhängig und ganzjährig erfolgen, was die Anfälligkeit gegenüber Ernteausfällen durch extreme Wetterereignisse, politische Instabilitäten in Anbauländern oder Transportprobleme eliminiert.



  • Nachhaltigkeit: Vertical Farming ermöglicht einen deutlich reduzierten Wasserverbrauch im Vergleich zur traditionellen Landwirtschaft und kann, je nach Energiequelle, zu einer Verringerung des CO2-Fußabdrucks beitragen.


Während die kommerzielle Produktion von Arzneipflanzen im Vertical Farming noch in den Anfängen steckt, deuten Forschungsprojekte und erste industrielle Anwendungen darauf hin, dass diese Technologie das Potenzial hat, die Herstellung von pflanzlichen Arzneimitteln, sogenannten Phytopharmaka, nachhaltig zu verändern und zu einer zuverlässigeren und qualitativ hochwertigeren Versorgung mit wichtigen Wirkstoffen beizutragen.